Robert Appel:
Im Jahre 1992 fand die Weltausstellung in Valencia statt. Zu diesem Anlass führte die Balair ein paar Aktionärs-Tagesflüge dorthin durch, mit einer A310 (an die Reg mag ich mich nicht mehr erinnern). Ich selbst war an einem dieser Flüge ebenfalls anwesend.
Hinflug und Aufenthalt in SVQ waren schön, wenn auch ereignislos. Es war schönes, warmes Frühlingswetter. Gegen Abend dislozierte die ganze Gruppe auf den Flughafen, wo unsere Maschine ihren Daystop gemacht hatte.
Der Take-Off war normal, wenn auch etwas ruppig – mir fiel auf, dass die Maschine nach einem langen Take-Off Roll ziemlich scharf („firmly“) rotierte. Auch der ganze Flug war etwas unruhig, aber nicht so, dass er auffällig gewesen wäre. Im Final Approach ZRH sah ich, dass wir auf dem Boden von einer ganzen Armada von Feuerwehrfahrzeugen mit Blaulicht erwartet wurden. Die Landung war leicht hart – „firmly“ eben, und das Abbremsmanöver ebenfalls. In der Sitzreihe vor mir kotzte sich eine Frau ihren Magen aus dem Leib. Ich fuhr anschliessend nach Basel und dachte nicht mehr weiter daran.
Am anderen Morgen wurde ich zu Henry Moser ins Büro gepfiffen. Ohalätz – was habe ich falsch gemacht?? Er fragte mich freundlich, ob ich beim Rückflug etwas bemerkt hätte, ob mir was aufgefallen wäre. Ich schilderte ihm meine Beobachtungen, und er erklärte mir, dass die Cockpit Crew während des Startvorgangs ihre Geschwindigkeitsanzeige verloren habe, sich aber entschied, den Start fortzusetzen, weil die Abbrems-Distanz zu gering war. Während des Fluges regelte die Crew ihre Geschwindigkeit wohl mithilfe des Fuel-Flows sowie der Geräusche, und bei der Landung mussten sie sich vermutlich auf ihr Gefühl verlassen – plus ein paar Prozente Margin. Entsprechend war die Landung dann eben etwas aufregender als sonst…
Die Maintenance fand anderentags heraus, dass eines oder mehrere Pitot-Rohre (Abnahme des dynamischen Luftdrucks) verstopft war – ein verliebtes Insektenpaar hatte sich den Ort ausgesucht, um darin bei diesem schönen Frühlingswetter eine Familie zu gründen. Beim Start konnte dieser Dynamic Port keine genauen Drücke mehr liefern, womit die Geschwindigkeitsmessung nicht mehr möglich war. Ein Fehler, der übrigens auch heute öfters vorkommt. Ob während des Daystops die Abdeckungen (Pitot Covers) installiert waren, ist nicht mehr zu rekonstruieren, denn die Vorschriften sahen das damals erst ab einem 24-stündigen Aufenthalt vor. Aber selbst wenn sie installiert gewesen wären, hätte es zwischen Line Maintenance und Take-Off immer noch genügend Zeit für einen Mücken-Nestbau gehabt…
Übrigens: mittlerweile wissen wir, dass es auf der BB970 am 21. Mai 1987 in Granada, ebenfalls auf einem Aktionärs-Tagesflug, einen identischen Vorfall gegeben hatte!