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Robert Appel: Die DC6 A/B HB-IBS war als kostengünstiges, robustes und unkompliziertes Flugzeug für Frachtflüge sehr gefragt. Mit der Zeit wurde es jedoch immer schwieriger, auf diesen Flügen irgendwo Flugbenzin (Avgas 100LL) und Motorenöl (W120) zu erhalten. Wie kompliziert ein solcher Einsatz werden konnte, zeigt die Geschichte des letzten Frachtflugs, den wir mit dieser Maschine durchführten und auf welchem ich als Loadmaster für die Ladeberechnung der Frachtladung verantwortlich war.

Winter 1981: Der Flugauftrag lautete, 15 Tonnen Kongressstühle von Bologna (BLQ) nach Doha (DOH) zu transportieren. Nur: weder in BLQ noch in DOH gab es Fuel und Oil. Während man Motorenöl durchaus auch mitnehmen konnte (dafür wurde ein Fass Öl im Heck der Maschine auf einem Rack mitgeführt), war ein Fuel-Uplift ohne Verfügbarkeit schon schwieriger zu bewerkstelligen.

Abflug in Basel war um 0600 Uhr bei dichtestem Schneetreiben. Die Piste war nur notdürftig geräumt, und die Taxiways noch notdürftiger: beim Run-Up und Magnetocheck glitt die DC6 seitwärts sanft weg… Der Flug war ohne Ladung, jedoch getankt bis unter die Halskrause, für ein Max Landing Weight in BLQ.

In Bologna musste die Cockpit-Crew für einen Minimum Rest ins Hotel, während ich mit der Beladung der Fracht nach DOH beschäftigt war. Aber für eine Portion Pasta Bolognese reichte es noch.

Am späten Nachmittag gings weiter Bologna-Athen, für Fuelstop. In ATH musste der Flight Engineer noch zwei Zündkerzen wechseln. Danach ging es weiter nach Doha, wo wir im Laufe des Morgens landeten und die Cockpit-Crew für den Minimum Rest umgehend ins Hotel verschwand, während ich die Ladung löschen liess.

Früh am nächsten Morgen Ferryflug nach Abu Dhabi (AUH), weil es nur dort Treibstoff für uns gab. Wegen diesem kurzen Flug – ca. 1:30 – wurde es wegen der Max Duty Time unmöglich, den Rückflug nach BSL nonstop durchzuführen. Also: sofortiger Abmarsch der Cockpit Crew ins Hotel für einen Minimum Rest… Ich meinerseits half dem einen Flight Engineer beim Service: Zuerst Auffüllen der Wasser/Methanol-Mischung an allen 4 Motoren, mit einen Balance-Akt auf die Motorgondeln (Schwindelfreiheit war angesagt) aus einem Kanister bei starkem Wind, der die Hälfte des Strahls auf den Boden ablenkte. Die DC6-Motoren konsumierten pro Motor und Stunde ca 10 Liter Öl – rechne. Und das Öl-Auffüllen gestaltete sich so: die Kanne aus dem aufgebarten Ölfass auffüllen (Dauer ca. 4 Minuten, denn das Öl war dick wie Melasse), dann durch den Emergency-Exit auf den zunehmend glitschigeren Flügel steigen und bei den Stutzen das Öl einfüllen (Dauer wieder ca. 4 Minuten pro Kanne), und es benötigte pro Motor ca. 5-6 solche Aktionen. Und das x 4. Und immer wieder kamen begeisterte ältere Piloten zu uns, um die Maschine zu besichtigen, was für den F/E jeweils eine willkommene Pause ergab.

Nach einem guten Nachtessen und Übernachtung in AUH in aller Herrgottsfrühe dann der Ferryflug zurück nach BSL. Das Schlafmanko kompensierte ich in meiner Hängematte, die ich quer in der Kabine aufspannen konnte. 14 Stunden Flug war aber auch ohne Payload für die DC6 das Äusserste an Autonomie, und so landeten wir in BSL nahe am Zero Fuel Weight (ZFW), mit den obligatorischen Treibstoffreserven. Dafür auf einer verschneiten Piste mit einem reduzierten Friction Coefficient.

Die DC6-Ops war also oftmals sehr schwierig – aber sie war stets spannend. Und spannende Dinge vergisst man bekanntlich nie.

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