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Charakterköpfe: 1. Rupert Vogel, Chefpilot DC6

Wer war Rupert Vogel (auf dem Bild links)? Über ihn gibts viele Legenden. Und zwar lustige Legenden!

Rupert Vogel war ein Mann der ersten Stunde, ein Faktotum. Er war nicht das, was man einen komplizierten Menschen nennt. Er sagte, was er dachte, und zwar unverfälscht. Von den Piloten war er gefürchtet, wenn er sie beim Flugtraining durch die Gegend schrie…

Vogel war, sofern gut gelaunt und dass jederzeit genügend schwarzer Kaffee zur Verfügung war, ein durchaus umgänglicher Mensch. Zumindest für nicht-Piloten. Eindrücklich auch seine Visitenkarte: „Capt. Rupert Vogel, Director Main Flight Division (except Jets)“. Zu jenem Zeitpunkt gabs dafür allerdings nur noch die DC6…

Er war zudem etwas, sagen wir mal, klein geraten. Nur vom Wuchs her. Ansonsten verstand er es sehr gut, in der Masse nicht unterzugehen, vor allem nicht akustisch. Beim Telefonieren war er nämlich offensichtlich der Meinung, er müsse die Distanz zur angerufenen Stelle mit entsprechender Lautstärke kompensieren. Im Baracken HQ der einstigen BALAIR, vorwiegend in den Büros OPS und Crew Assignment, entstand bei denen, die ihn noch nicht persönlich kannten, der Eindruck, Fluglehrer Rupert Vogel müsse, gemessen an seinem Stimmvolumen, ein Mann von stattlicher Statur so um die 6ft 6“ Körpergrösse sein. (Eine enorme Diskrepanz zu seinem Bedarf an Telefonbüchern !?)

Und hier die Frage: Was ist ein Telefonbuch-Pilot? Die Literatur gibt da keine eindeutigen Hinweise.
In den 60er-Jahren gabs in Basel eine inoffizielle Weisung, alte Telefonbücher bitte nicht einfach wegzuwerfen, sondern dem Flight Ops Director zur Verfügung zu stellen. Bei der F27 war das „Front Office“ mit Blick auf langwüchsige, schlaksige Holländer konzipiert worden; keine Industrie-Designer mit Schwergewicht Ergonomie hatten dieses Cockpit je von innen gesehen. Die Sitze waren für Vogel schlicht und ergreifend zu tief, um noch genügend durchs Cockpit-Fenster sehen zu können. Ein, zwei Telefonbücher auf dem Sitz schafften hier unkomplizierte Abhilfe. Und so hatte er schnell mal den Übernahmen „Telefonbuch-Pilot“.

Hans Versell: Warum er so klein war – da gibts eine Erklärung dafür. Unter Berücksichtigung der zeitlichen Distanz von heute zurück zu den Zeiten der BALAIR OPS mit Vikings, DC-4 und DC-6 – da darf ich mir schon erlauben, das Schweigen brechen zu dürfen:
AusgangssituationUnverhoffter technischer Zwischenfall mit  Nightstop.
Ausnahmesituation: Crew abends am Lagerfeuer. Es werden fliegerische Erfahrungen ausgetauscht und natürlich über Balair Internas getratscht.  Nach einigen Drinks kommt auch Rupert ins Erzählen. „Aber bitte nicht weitersagen!“ – Nicken allerseits – natürlich nicht.
Er hätte „seinerzeit“ – vor seiner Flucht in die Schweiz (er flog ja für die deutsche Wehrmacht) eine JU52 in höchst geheimer Mission nach Kreta geflogen. Fallschirmtruppen – dabei seien sie von der britischen Flak getroffen worden. „Die Ju52 war nicht mehr zu steuern und so musste ich das Flugzeug notfallmässig nachts wassern!“
—  grosses Staunen der Zuhörer !!! Aaah
„Hahaa – im Mittelmeer geschwommen und gelegen bis zur Rettung!  – 24 Stunden lang !!!“
Mein Kommentar: Das muss agressiv gewesen sein!?   — Rupert: „JAA – Jaaa! – Stellt Euch dies mal vor!“
— Grosses Staunen – alle nicken.
Am nächsten Morgen bekam ich vom einen und anderen Kollegen einen verschmitzten „Stups“:„Begriffen? Eingegangen wie ein Wollpullover in zu heisser Wäsche!“

Eine andere Geschichte: In seinem Büro war er immer begleitet von einem kleinen Kö.., nein, einem Hund. Lumpi. An einem Nachmittag plante er ein kurzfristiges Flugtraining mit einem angehenden Piloten. Das Wetter war grenzwertig, unsicher, ob BSL noch lange offen bliebe. Und prompt: Diversion nach Bern. Funkspruch in die Ops: „We have to divert to Berne. Please inform my wife and bring Lumpi home!“

Und noch eine Geschichte: Alfred Suter auf der Station Basel war aus den Ferien zurück und gerade mal 5 Minuten im Büro, als er für einen kurzfristigen Zusatzflug DC6 eine Crew zusammenstellen musste. So rief er erst mal Vogel zu Hause an. Was er aber noch nicht wusste: Vogel weilte gerade in Jerusalem für Instruktionen und Check-Abnahmen. „Guten Tag, Frau Vogel, dürfte ich bitte Ihren Mann sprechen?“ „Ja aber – der ist doch in Jerusalem?!? „Suter: „Ach so, sorry, dann hat sich das erledigt.“ Eben nicht, denn Frau Vogel witterte einen grösseren Betrugsversuch ihres Mannes: Etwa bei einer Freundin, und zu Hause sagen, man sei in JRS???
Es gab ein Riesen-Theater, als ihn Vogel aus Jerusalem am Telefon gehörig zusammenstauchte…

Er war übrigens auch noch für seine Englischkenntnisse berühmt. Ein paar Müsterchen hier:

  • In einem Restaurant in Asien diniert die ganze Besatzung. Die Essen sind bestellt, und später ausgeliefert durch den Kellner: „Chicken?“ Vogel: „I become Fries!“.
  • Biafra: Nach einem offensichtlich unkorrekten Anflug versucht ein junger Amerikaner, Vogel den Approach zu erklären. Dieser unterbricht ihn: „And you be schtill! I fly longer zen you was on ze world!“
  • Irgendwo in Afrika: Nach der Landung muss die Besatzung sehr lange auf die Ground Crew mit der Treppe warten – das Flugzeug steht in der gleissenden Sonne, und eine Klimaanlage gibts damals noch nicht. Als der Handling Agent kommt, sch….. ihn Vogel erst mal richtig zusammen und begründet das mit „we fry in ze aircraft!!“
  • Hans Versell: Gatwick/London – Arrival Balair. Die Crew marschiert zu Immigration und Customs. Rupert Vogel sammelt, ganz der Chef, von jedem das Immigration declaration paper, er gäbe diese en bloc ab, um Zeit zu gewinnen, und rennt laut rufend eilend voraus.  Den leicht verdutzten, eher grimmig dreinschauenden Beamten wirft er energisch die Karten auf den Desk: „„hier you kän häve our schitt!“. Beachte den wesentlichen sprachlichen Unterschied zwischen „sheet“ und „shit“. Das Wort hatte er offensichtlich zu zackig deutsch ausgesprochen. An seiner Stelle hätten wir – ganz Gentlemen – vielleicht gesagt: „Here – our papers! Good morning and good bye!“.
  • Kann fortgesetzt werden…

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