Robert Appel
Am 16. Juni 1989 fand die Balair-Aktionärsversammlung (GV) erstmals im Hangar der Balair Basel statt. Normalerweise wäre das nichts Besonders gewesen, jedoch an diesem Datum schon! Denn zum einen wurde ich beauftragt, die Logistik dieser Versammlung zu organisieren, und zwar von A-Z, zum anderen fand an diesem Tag der erste DC10-Flug ZRH-BSL-EWR (Newark/New York) statt, und dieses Ereignis musste gebührend in den Anlass integriert werden. Drittens mussten wir dafür für die Sitzplatz-Zuteilung das DCS (Departure Control System) in Betrieb nehmen. Und viertens hatte mein kleiner Sohn an diesem Tag seinen ersten Geburtstag – aber das hat damit natürlich nichts zu tun.
Organisation: Für diese GV musste wirklich alles neu erfunden, abgeklärt und genau geplant werden:
- Umfangreiche Abklärungen, Planungen, Bewilligungen, Instruktionen im Vorfeld;
- Plätze an Tischen für 500 Personen (oder auch mehr, ich weiss es nicht mehr so genau);
- Den Technischen Dienst am Vortag aus der Halle peitschen – gar nicht einmal so einfach, Halle reinigen, aufräumen etc. Gesamthaftes Abdecken sämtlicher Hangarfenster mit schwarzer Folie, blick- und lichtdicht;
- Organisation und Anlieferung Tische, Stühle; einrichten gemäss meinem Plan;
- Einrichten einer Sound-Anlage – in dieser Halle gar nicht so einfach, denn sie ist hoch, sie hallt und trotzdem musste von jedem Sitzplatz her eine gute Akustik sein!
- Organisation Catering: Nach der GV wurde ein Apéro und anschliessend eine komplette Mahlzeit serviert;
- Organisation Balair-eigene Stände;
- Organisation Sonderbusse Kannenfeldplatz-Hangar für die Gäste;
- Organisation Sonder-Parkfelder auf dem Flughafen, inklusive Einsatz von Verkehrs-Kadetten;
- Eintrittskontrollen;
- Organisation Absperrgitter vor dem Hangar, damit die Teilnehmer die DC10 betrachten konnten. Aber vorher: Behördenbewilligungen à gogo…;
- Garderobenanlagen und, ach ja, zwei Toilettenwagen vor dem Hangar.
DC10 HB-IHK auf dem Erstflug ZRH-BSL-EWR, Zwischenstopp vor dem Hangar:
Diese neu aufgelegte Charterkette hatte seinen Erstflug genau an diesem Tage, bzw. die GV wurde deswegen auf diesen Tag gelegt. Klar, dass die Aktionäre unsere HB-IHK in Action sehen mussten. Der Plan war, dass nach dem statutarischen Teil der GV die Hangartore geöffnet würden und den Blick auf die DC10 freigäben. Dafür musste die Maschine nach Ankunft rückwärts vor den Hangar geschoben werden, und wohl zum einzigen mal mussten dafür die Passagiertreppen auf der rechten Seite platziert werden.
Inbetriebnahme des Departure Control Systems DCS:
Es bestand schon lange der langfristige Plan, irgendwann das DCS für die Station Basel einzurichten. Aber zwei Monate vor der GV pressierte es plötzlich, denn wir mussten ja praktisch gleichzeitig mit Zürich (für die Passagiere ZRH-EWR) Sitzplatzzuteilungen machen können! Da unsere Check-In Schalter so kurzfristig nicht dafür eingerichtet werden konnten, konnten wir nur die Sitzplatz-Zuteilung über DCS vornehmen, und zwar am Informationsschalter in der Transithalle. Denn unser Check-In musste ja simultan auf der französischen und schweizerischen Seite durchgeführt werden. Die Paxen wurden also manuell eingecheckt und zur Sitzplatzzuteilung in die Transithalle gebeten.
Dafür mussten wir jedoch unser Personal erst auf das DCS schulen. Und das ging ganz Balair-like so: Drei von uns (darunter ich) mussten sich bei SR in ZRH einer Kürzest-Instruktion von drei Tagen unterziehen – etwas, wofür Swissair-Angestellte normalerweise zwei Wochen Schulzeit bekamen. Dafür aber kamen wir als Instruktoren aus diesem Kurs heraus, denn wir mussten ein paar wenige Ground Hostessen selbst schulen. Erst beim Weitergeben meiner Kenntnisse begriff ich allerdings das System erst richtig – ich gebe es zu.
Der Ablauf:
- Das CheckIn im Hauptgebäude begann ohne grosse Probleme, unsere dafür abgestellte Ground-Hostess am DCS war zwar etwas nervös, aber sie hatte das DCS bestens im Griff.
- Im Hangar trudelten die Aktionäre ein, es wurden keine Parkplatz- oder Zubringerdienst-Probleme bekannt, und die GV konnte plangemäss beginnen.
- Die IHK landete pünktlich in Basel und wurde vor den Hagar geschleppt. Wer nichts ahnend in der Halle sass, bekam nichts davon mit!
- Als die GV beendet war, öffneten Kurt Stoll und ich simultan die Hangartore, und davor stand, stolz in der Sonne glänzend, unsere DC10, abflugbereit. Die Leute strömten zu den Absperrgittern und staunten. Grosse Überraschung! (Währenddessen patrouillierten französische Polizisten vor dem Hangar, auf dass ja niemand die Zäune überklettere…).
- Die abfliegenden Passagiere wurden im nächsten Moment zum Flugzeug gebracht und geboarded. Die Maschine konnte pünktlich losflöten und unseren Aktionären einen schönen Start in den Frühlingshimmel demonstrieren. Volltreffer!
- Das anschliessende Mittagessen war dann fast noch Routine, und mir fiel eine riesige Last von den Schultern!
Alle Bilder des Anlasses stammen aus der ETH-Bibliothek (zum Vergrössern auf das Bild klicken): GV beginnt, Flugzeug kommt aus ZRH, das Hangartor wird geöffnet, die Passagiere geboarded und die Maschine fliegt pünktlich ab.
Wir führen in den folgenden Jahren noch dreimal die GV im Hangar durch, aber das war dann schon fast Routine. Und jedesmal war etwas gleich: Der Sturm aufs Buffet. Ich erinnere mich an einen Mann, der dort stand: mit der linken Hand hielt er sich am Tisch fest, und mit der Rechten schaufelte er die Canapés hinein…